Sonntag, 28. April 2013

Die Macht der Gewohnheit

Wer hat sich schon mal die Zeit genommen, über all die vielen verschiedenen Handlungen und Tätigkeiten, die am Tag ausgeführt werden, nachzudenken. Wer denkt beim Zähneputzen darüber nach, wie das Bürsten und Schruppen der Zähne funktioniert. Wer überlegt beim Gehen, wie der eine Fuss vor den anderen gesetzt wird. Wer forscht nach, wie beim Sprechen die Buchstaben und Wörter mit der Zunge geformt und zum Ausdruck gebracht werden. Ich gehe mal davon aus, dass diese Vorgänge bei allen gesunden erwachsenen Personen automatisiert, gewohnt, ablaufen. Wie ungewohnt ist es dann, wenn man mal mit der "ungewohnten" Hand die Zähne bürstet. Oder mal einen gewohnten Ablauf genau anders herum durchführt. Alles kommt einem plötzlich schief und eckig vor. Man entfernt sich vom Muster. Ich bin froh, dass unser Hirn in der Lage ist, solche Muster anzulegen, denn sonst müssten wir 24 Stunden am Tag damit verbringen, die Dinge immer wieder neu zu erlernen, um sie dann doch wieder zu vergessen. Muster gibt es ja in allen Bereichen- geistig wie mental. Ein bestimmter Song erinnert an einen besonderen Menschen. Der Duft von Sonnencreme wird mit Strandferien und einer guten Zeit assoziiert. Und der Geschmack eines Lebensmittels, welches verzehrt wurde und Bauchschmerzen verursachte, wird fortan gemieden. Wieder mal ein bemerkenswertes System, was da von der Natur erschaffen wurde. Nur leider wirkt sich dieses System auch auf Laufstrecken aus. Wer kennt es nicht: Man läuft auf seiner Lieblingsstrecke und denkt schon nach den ersten Metern an die fiese Steigung bei Kilometer sieben, an der man immer so leidet und die Herz-Lungenmaschine aus dem letzten Loch quietscht. Mit dem ganzen Körper spürt man die bevorstehenden Strapazen und läuft vielleicht extra ein bisschen langsamer, um dann ja an der Steigung nicht vollständig zu kapitulieren. Die Gedanken beeinflussen den Körper und nicht selten erhöht sich der Puls kontinuierlich bis zu dieser einen Steigung. Man will es nur noch hinter sich bringen. Und wenn einem auf diesem Stück auch noch Spaziergänger entgegenkommen, hält man bis zum Platzen die Luft an, um vor dem Kollaps gerade noch ein nettes Grusswort rauszupressen. Wenn sich das Herzkreislaufsystem dann einmal wieder beruhigt hat, sind auch die gemeinen Gedanken wie weggeblasen und die Maschinerie rollt. Komisch, oder?
"Sauerstoffnot", wie man sie eben bei Anstiegen oder Intervalltraining kennt, ist also oftmals mit einem negativen Gefühl verbunden. Ist ja irgendwo auch logisch. Würde das Hirn nicht Alarm schlagen und fiese Gefühle aussenden, würde man sich vielleicht regelmässig zu tode "hecheln" und Grenzen gesundheitsgefährdend überschreiten.
Aber ein solches Training ist ja laut Sportwissenschaft der Schlüssel zum Erfolg. Nur wenn man sich regelmässig in unreglmässigen Einheiten über die Grenze fordert, passt der Organismus sich an und die Leistung wird gesteigert. Wenn das Theoretische geklärt ist, geht es ans Praktische: Wie überwinde ich diese Schranke? Bei meinen letzten Läufen durch die Berge bin ich dem Geheimnis ein Stück näher gekommen. Die Strecke sollte 27 Kilometer mit 1000 Höhenmeter +/- betragen, sprich, ein ganz schön fieses Unterfangen. Nachdem ich mich bis Bever eingelaufen hatte, ging es in den Wald. Rauf und runter. Und ich wusste von dem Zeitpunkt, dass die fieseste Stelle erst noch kommen würde. Die Talabfahrt bergauf. Meine Gedanken kreisten also ständig um dieses Stück Steilheit und ich wollte schon fast einen anderen Weg einschlagen, als mir der Satz: "Steil ist geil" wie ein Blitz durch den Kopf schoss. Gefolgt von: "Je fieser desto besser". Animiert von diesen neuen, positiven Sätzen im Kopf, rannte ich einfach los. Unterwegs auf dem fiesen Steilstück sagte ich mir dann meinen Satz wie ein Mantra gedanklich vor: Fies ist geil! Je steiler desto besser! Fies ist geil! Je steiler,.... usw.! Und? Es hat funktioniert!
Man muss sich manchmal einfach nur trauen, alte Muster und Gewohnheiten, die man lästig findet, zu verändern: 1. Wahrnehmen 2. Erkennen 3. Handeln.

Mein Musiktipp: Shelter "Here we go again"
http://www.youtube.com/watch?v=0ZaZ46YoimU






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen