Sonntag, 29. April 2012

Ist Laufen eine Sucht?


Mit dieser und anderen ähnlichen Fragen werde ich neuerdings immer wieder konfrontiert. Ich freue mich ja, wenn mich Leute fragen, wie häufig ich trainiere und wie gross die Umfänge sind. Die erstaunten und teils skeptischen Gesichtsausdrücke meines Gegenübers kenne ich mittlerweile schon recht gut. Entweder kommt ein erstauntes: „Ohh, das ist aber ein strenges Programm“, oder „Du bist doch süchtig!“. Letztere Antwort nehme ich immer gerne auf und erkläre, dass ich keineswegs „süchtig“ bin. Das regelmässige Laufen ist mehr zu einer Gewohnheit geworden und ist fester Bestandteil in meinem Tagesablauf. Ich finde diese Gewohnheit eigentlich ziemlich gut, wenn man bedenkt, dass ich in der Zeit, in der ich joggen gehe, auch rauchen könnte. Ist ja auch eine Gewohnheit. Allerding möchte ich behaupten, dass bei der Gewohnheit „Joggen“ der Einstieg genauso schwer ist wie der Ausstieg. Der Anfänger quält sich mit jedem Kilometer und findet immer eine tolle Ausrede, warum alles andere wichtiger ist, als die regelmässige Bewegung. Einmal die Woche reicht halt einfach nicht, um im Hirn Botenstoffe auszusenden, die ein positives Gefühl für einige längere Zeit geben. Da muss man schon zwei bis dreimal in der Woche raus; auch wenn es regnet. Und wenn man dann die Bewegung für zwei bis vier Monate konstant durchhält, dann hat man sich dran gewöhnt. Oder  ist süchtig. Vielleicht ist es auch eine Sucht nach Gewohnheit!
Um es auf den Punkt zu bringen. Eine Gewohnheit wird für mich dann gefährlich, wenn man bekannte Grenzen ignoriert und somit der Gesundheit schadet. Ich denke, dass Personen, die sich regelmässig bewegen, in der Regel ein gutes Körpergefühl entwickeln und somit ihre Grenzen kennen (lernen). Eine Grenze für mich ist zum Beispiel zu pausieren, wenn ich krank bin oder mich krank fühle. Würde ich diese Grenze überschreiten, schade ich meiner Gesundheit. Einen Tag zu pausieren ist nicht einfach, wenn man es gewohnt ist, sich jeden Tag intensiv zu bewegen. Und deswegen glaube ich auch, dass der Ausstieg aus dem Laufsport sehr schwierig ist. Aber es ist wie mit allen Gewohnheiten: hat man sich erst einmal an etwas Neues gewöhnt, fällt es ganz leicht. Also gewöhnt Euch doch einfach das Joggen an! Es kann sich nur positiv auswirken!
Meine Woche fing mit einem „guten 30km-Lauf“ an. Ich war auch total spontan und lief nach Bever und retour. Natürlich badeten meine Füsse wieder im Neuschnee, aber immerhin mal eine neue Strecke. Die Freude über eine neue Strecke war am Dienstag gleich schon wieder erloschen, da es kurz und knackig mal eben einen halben Meter Neuschnee gab. Ich packte meinen Rucksack mit 6 Wasserflachen und tobte mich im Parc Serlas auf den Fitnessgeräten aus. Ich ächzte und marschierte auf dem Stepper im Schwierigkeitsgrad 20 (von 25 möglichen Stufen) ein Hügelprogramm ab, um anschliessend noch das Laufband auf seine mögliche Steigung herauszufordern. Mit 15% bergauf marschierte und joggte ich abwechselnd. Ich war schweissgebadet. Soviel geschwitzt habe ich selbst in der Wüste nicht. Danach stand noch ein Workoutkurs auf dem Programm, wo sich meine Teilnehmerinnen mit fiesen Bauch,- und Rückenübungen auspowern durften (und ich mich auch..).
Am Mittwoch schien mir die Idee von Montag wieder sehr gut und ich rannte wieder nach Bever. Allerdings in verkehrter Richtung, um keine Routine zu bekommen. Hätte ich gewusst, dass mir auf der geraden Strecke am Flugplatz ein derartiger Orkan entgegen bläst,… naja, ihr wisst schon. Dann wäre ich natürlich anders herum gelaufen. Es war sicherlich ein guter Test für die Wüste Gobi, die ja bekanntlich die windigste Wüste ist…
Am Donnerstag wagte ich mich nach den heftigen Schneefällen todesmutig auf die Strecke zum Hahnensee. Jedoch kapitulierte ich bereits nach 3km, da ich für diesen Abschnitt 45 Minuten brauchte. Es war echt nicht witzig, wie ich da durch den hüfthohen Schnee geeiert bin. Wutentbrannt gab ich auf und drehte wieder um, was sehr untypisch für mich ist. Also muss es wirklich schlimm gewesen sein!
Das Wetter wurde dann am Freitag auf einmal sehr frühlingshaft und warm. Und zwar so warm, dass ich in kurzen Shorts und T-Shirt laufen konnte! Ganze sechs Monate musste ich auf diesen Moment warten und er war absolut befreiend! Da lief sich die Strecke (25km) auf einmal ganz von alleine. Die Euphorie hielt auch am Samstag noch an, so dass mir in den Sinn kam, dass ich doch mal ins Unterengadin laufen wollte. Auf der Karte studierte ich den Weg bis nach Zernez, was in etwa 40km ergeben sollte. Mit Rucksack samt Gepäck machte ich mich bei schönstem Sonnenschein über schneefreie Wege gen Norden auf. Meine Freude wurde nur kurzzeitig getrübt, als ich in einem schattigen Waldstück wieder vor grossen Schneebergen stand. Ich verlor absolut die Fassung und fluchte lautstark vor mich hin! Es lief alles so wunderbar! Es war warm, die Sonne schien. Meine neuen Schuhe passten hervorragend und ich war bester Laune. Und dann kam wieder so ein Schneeberg! Nach ca. 3km hatte ich wieder Eisbeine und in meinen Schuhen war ein See. Aber die Sonne sollte es schon noch wieder trocknen. Mit diesem „Umweg“ kam ich dann in 3h45min in Zernez an. Der Zug brachte mich glücklich und zufrieden nach St. Moritz zurück. Da der Weg jedoch ständig bergauf und bergab führte und ich ca. 1700hm (+/-) bewältigte, waren meine Beine vorerst erledigt. Eine heisse Badewanne mit Ölen von Soglio haben die Schmerzen aber ziemlich schnell vergessen lassen. Und was sagt mir das? Die Qualität bei Produkten ist bei so einem Hochleistungssport absolut zwingend. Und da bin ich sehr froh, dass ich gute und starke Partner habe, die mich unterstützen. Die Kleider und das Equipment von Salomon sind top. Die cleveren Details muss man einfach gut finden. Zudem renne ich nie mehr ohne meine Compressionsstrümpfe von Compressport. Die Waden fühlen sich sehr komprimiert an und die langen Tights helfen bei der aktiven Erholung. Ich nehme es einfach als ein sehr angenehmes und unterstützendes Gefühl wahr. Zu meinem ständigen Begleiter gehört auch immer eine Sonnenbrille. Die ist gerade hier oben in den Bergen ein absolutes Muss. Julbo macht für mein Gesicht sehr gute Brillen, mit denen ich immer den Durchblick habe. Und wenn ich Winforce im Tank habe, ist auch der steilste Bergpass zu bewältigen. Mittlerweile schlürfe ich die Drinks wie Wasser… Besten Dank! Und an alle, die sich gerade überlegt haben, mit dem Laufen anzufangen: Mit dem richtigen Partner läuft es immer am besten!

Auch die Presse war aktiv. In den Magazinen „Loox“ und „Aktiv Laufen“ findet ihr Berichte über mein Rennen in der Atacamawüste. (Auch unter www.loox.com

Hier noch mein Musiktipp: Friendly fires "Jump in the Pool"




Was ist neu?





Was ist alt?

Auf dem Weg nach Zernez


Frisch und fröhlich am Bahnhof in Zernez

Belohnung muss sein!!

Sonntag, 22. April 2012

Die Woche der Alternativen


„Der April, der April, der macht was er will“
Das Engadin ist immer wieder gut für Wetterüberraschungen und wirft damit meinen Trainingsplan ordentlich durcheinander. In der letzten Woche setze gegen Nachmittag immer heftiger Schneefall ein, der die Landschaft vom frühlingshaften Grün in ein winterliches Weiss tauchte. Wenn ich also vormittags keine Zeit zum trainieren hatte, durfte ich mich im weiteren Verlauf des Tages auf stürmisches Treiben einstellen. Zudem kommt noch, dass mein Körper immer noch etwas Zeit braucht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich auch 4 Wochen nach meinem Sieg als erste Frau noch so intensiv an die 250km denken würde. Aber der Körper speichert in jeder Zelle jegliches Ereignis ab; und manch ein Erlebnis braucht halt mehr Zeit, bis es verarbeitet ist. Aber vielleicht ist es auch wieder nur eine Frage der inneren Ausrichtung: Ich sage mir ab heute mal, dass ich wieder fit bin. Mal schauen, wie es funktioniert!
In den ersten zwei Wochen nach dem Wettkampf habe ich mich einfach mal treiben lassen und die Bewegung nicht unbedingt gesucht. Das wird mir für die nächste „post-Race-Regenerationsphase“ ein Lehre sein. Als ich wieder in mein normales Training (ca. 80-120km pro Woche) einsteigen wollte, quälten mich Verspannungen an Hüfte, Knie und Ferse. Ich fühlte mich nach den ersten 35 km wie am Anfang meiner Wüstenvorbereitung! Kaum zu glauben, aber wahr. Das Erfreuliche war und ist aber, dass die allgemeine Leistung besser geworden ist. Ich bin schneller geworden! Aber die Muskeln, Sehnen und Bänder „hinken“ etwas hinterher und hier muss ich höllisch aufpassen, dass ich mich nicht überfordere. Jede Struktur braucht ihre eigene Zeit, um sich den Bedingungen anzupassen. Lieber mit Motivation einen Ruhetag einlegen, als ohne Motivation zu laufen. Denn die Ruhephase ist das A&O. Nur in dieser Phase kann der Körper die Speicher wieder voll auffüllen. Warten war allerdings noch nie meine Stärke; das ist wohl eine Erkenntnis, die ich in meiner Wüstenvorbereitung lernen werde: Geduldig sein und auch mal durchzuatmen!
Mit dem Training für die Gobi Wüste im Juni (am 6.6. ist Abflug) habe ich offiziell am 26.3. wieder begonnen. In den Tagen zuvor habe ich ein paar Skitouren gemacht oder bin im Speed-Tempo die Skipisten raufgesprintet. Und meine Speicher mit Kuchen aufgefüllt...
Mein Motto für die Vorbereitung ist: die Form halten und schneller werden. Somit habe ich die vergangene Trainingswoche auch mit einem Intervalltraining auf dem Sportplatz begonnen. Zu meiner grossen Freude hatten sich Beat und Cyrille mit mir verabredet; die beiden sind auch extrem gute Ausdauersportler und leben hier im Tal. Wir haben uns gut aufgewärmt und dann drei Serien der Methode „High Intensity Training“ absolviert: 10 Wiederholungen à 10 Sekunden Sprint mit vollem Tempo und 10 Sekunden Pause. Tönt easy, ist es aber nicht. Danach 10 Minuten Trabpause und die gleiche Serie für zwei weitere Wiederholungen. Im Anschluss bin ich noch 11km im lockeren Tempo um den Champferersee gelaufen. Am Dienstag standen einige Trainings im Ausdauerbereich mit meinem Kunden auf dem Programm, so dass ich davon profitieren konnte. Das Wetter war am Mittwoch so verschneit, dass ich das Training ins Hallenbad verschieben musste. „Kacheln zählen“ ist definitiv nicht meine Lieblingssportart. Und wenn dann auch noch alle Schulkinder ihr Kunststücke auf dem Sprungturm zeigen müssen und das Wasser dadurch sehr unruhig ist, vergeht mir die Lust. Ich habe mich dennoch zu drei Kilometern Crawl überredet. Trotz der Massen des Neuschnees wagte ich mich am Donnerstag zum Hahnensee. Ich hatte vorsorglich die Wanderstöcke dabei, die ich auch dringend benötigte! Normalerweise brauche ich für die Strecke (5km mit 400hm) ca. 35 Minuten. Da ich meinen Rucksack mit sechs Wasserflachen à 1.5 Liter geladen hatte, war ich natürlich ziemlich schwer und sackte ziemlich tief ein. Der Schnee war teilweise hüfthoch, so dass ich völlig erschöpft nach 1h05min das Ziel erreichte. Ich hatte zum Glück gute Profilschuhe von Salomon angezogen, mit denen ich guten Grip hatte! Der Rückweg war dann das reinste Vergnügen: Wie ein Gemsli bin ich durch die hohen Schneemassen gesprungen und teilweise auch auf allen Vieren gerutscht. Für den Freitag hatte ich mir ein „Kombitraining“ überlegt. Zuerst 20km mit Rucksack joggen (Val Roseg) und dann auf direktem Wege ins Hallenbad. Dort nochmals zwei schnelle Kilometer und fertig war das Training. Der Rückweg mit dem Bus war dann die grössere Herausforderung, da in der Zwischensaison die Busse nur selten fahren und dann auch nicht jede Haltestelle ansteuern…
Das Highlight folgte am Samstag. Ein Shoppingtrip nach Chiavenna (Italien, 45min von St. Moritz entfernt) endet damit, dass ich die Strecke ab Promontogno bis nach St. Moritz zurück laufen wollte (ca. 38km mit 1000hm). Der Weg startete über schöne grüne Wiesen, über Flüsse und fantastische Trails immer weiter bergauf. Da Frau Holle auch im Bergell ihre Federn ausgeschüttet hatte, stand ich alsbald wieder mit den Füssen im Schnee. Bis zum kurvenreichen und sehr steilen Malojapass kam ich jedoch gut voran. Mein Weg führte mich dann alternativ über einen Wanderweg durch den Wald steil bergauf bis nach Maloja. Nach gut ¼ des Weges stand ich vor einem ziemlichen Problem: Tiefe Schneemassen „versperrten“ das Weiterkommen. Nun stand ich vor der Frage: Umkehren und all die gewonnenen Höhenmeter wieder runter oder weiter. Und natürlich ging es weiter, immer weiter! Der Schnee an sich war dann das kleinere Problem. Denn die Orientierung war jedoch gleich Null, da ich weit und breit keine Markierungen erkennen konnte. Mein Orientierungssinn schickte mich dann querfeldein die steilen Hänge hoch. Auf allen Vieren kroch ich mit meinen Sommerlaufschuhen ohne Profil durch den Schnee, in der Hoffnung, irgendwo Wegzeichen zu finden. Nach einer Weile war ich ziemlich weit oben angekommen; nur ging es anschliessend jeweils links und rechts steil bergab. Laut fluchend hatte ich mich in eine Sackgasse manövriert. Und als ich so fluchend auf dem Cliff stand und umherschaute, erblickte ich just in dem Moment weiter unten eine grosse Markierung! Auf dem Hosenboden bin ich dann wieder runtergerutscht, um wieder ohne Orientierung die nächste Markierung zu suchen. Das Spiel ging eine ganze Weile so weiter und kostete mich enorm viel Zeit und Kraft. Meine Füsse waren inzwischen Eisbeine und auch das Wetter veränderte sich zunehmend. Mein Instinkt trieb mich aber vorwärts in die richtige Richtung und irgendwann kam ich zu einem Schild, welches die Gletschermühlen signalisierte. Gletschermühlen? Das bedeutete auf der einen Seite, dass das Dorf Maloja in unmittelbarer Nähe sein musste; aber auch, dass auf dem Gelände grosse Löcher waren, die sogenannten Gletschertöpfe. Ich hatte auf einmal grosse Sorge in einen der Töpfe zu stürzen und hangelte mich vorsichtig von Strauch zu Strauch bis ich auf einem völlig aufgeweichten Schlammfeld ankam. Eine kleine Moorpackung um die Beine konnte jetzt auch nicht mehr schaden. Nach weiteren 10Metern hatte ich dann glücklicherweise die Strasse wieder erreicht. Ich war ziemlich durchgefroren und war wenig motiviert, noch weitere 15km bis nach St. Moritz durch Tiefschnee zu rennen. Zu meiner grossen Erleichterung hatte ich mit meiner Ankunft an der Bushaltestelle eine günstige Zeit erwischt. Der Bus, der nur einmal in der Stunde fährt, kam in kürzester Zeit und brachte mich sicher zurück. Auch wenn es nur 20km waren, hatte sich das Abenteuer gelohnt!
Sonntag war dann der Ofen ganz aus und zwang mich zur Pause. Über Nacht hatte es 50 cm Neuschnee gegeben! Und da Zwischensaison ist, kamen die Räumfahrzeuge erst gegen Mittag in meinem Quartier vorbei. Somit tauschte ich den 40km Lauf mit einem „Schneeräumworkout“ und „Putzworkout“. Alles ist für irgendetwas gut und die Pause heute tat meinen Beinen sicher auch mal gut…
Hier noch meine Musiktipp. The naked and famous "All of this"


Sonntag, 15. April 2012

Freitag, 09. März 2012 Pausentag und der Finaltag!

Der Tag nach der langen Etappe. Ich erwachte wie immer pünktlich um 06:00 Uhr morgens. Jedoch konnte ich mich an diesem Morgen mit einem genüsslichen Gähnen nochmals auf der Matratze umdrehen, da ein Ruhetag auf dem Programm stand. Durch lautes Gelächter im Zelt erwachte ich ein zweites Mal exakt drei Stunden später. Meine Zeltmitbewohner erzählten sich Anekdoten der letzten Etappe und immer kam es zu grossem Gegröhle. Ich war froh, als ich in der Runde alle die mir bekannten Gesichter erblickte. Und in den Gesichtern zeichnete sich grosse Freude und Erleichterung ab. Es hatten alle die lange Etappe geschafft. Auch Ibrahim und Ilhan hatten es geschafft. Die Stimmung beim Frühstück war ausgelassen, da sich jeder über den freien Tag freute und sich entspannen konnte. Alle, bis auf Belinda. Sie musste zum letzten Checkpunkt zurück und die Strecke (10km) von dort nochmals laufen. Das Gewitter der vergangenen Nacht war hinter dem Bergpass noch heftiger als bei uns im Camp, so dass der Veranstalter kurzfristig handeln musste. Alle Teilnehmer, die noch im Rennen waren, wurden gegen 22 Uhr mit Bussen eingesammelt und zum Camp transportiert. Die Sicherheit der Teilnehmer war das oberste Gebot. Belinda durfte also am Freitagmorgen mit einem Kleinbus zurück zum letzten Checkpunkt fahren, um dann von dort zu Fuss bis ins Camp zu laufen!
Roberto und ich machten uns kurzerhand auf den Weg und liefen Belinda ein Stück entgegen, um ihre Motivation hoch zu halten. Jedoch war sie wie immer sehr fröhlich und positiv gestimmt und kam uns mit einem grinsenden Gesicht entgegen. Somit waren nun auch wirklich alle Zeltmitbewohner offiziell im Ziel angekommen und konnten sich entspannen.
Der Tag war sehr heiss und die Sonne brannte gnadenlos auf uns herab. Weder ein Windhauch war zu spüren noch ein Stück Schatten in Aussicht. Wir vegetierten vor uns hin. Der Schweiss lief am Rücken runter und die Fliegen um uns herum ärgerten uns erbarmungslos. Von der Hitze völlig geschwächt lagen wir in unseren Zelten und erzählten uns Geschichten. Oder versorgten die malträtierten Füsse. Oder bewegten uns im Zeitlupentempo zum Cypertent, um dort zuerst mindestens eine Stunde auf einen freien Laptop zu warten und dann die E-Mails zu lesen. Dieser Teil des Tages war immer sehr erheiternd! Es war extrem motivierend all die E-Mails mit positiven Worten zu lesen! Vielen, vielen Dank an dieser Stelle nochmals! Nach dem Besuch im Cypertent bin ich beim Medicaltent hängengeblieben und badete kurzerhand meine Füsse in einer kleinen Schüssel mit Wasser. Die Runde der „badenden Füsse“ wurde immer grösser und bald waren Stuart, Freddy, Joel und weitere Athleten mit intensiver Fusspflege beschäftigt. Zudem plauderten wir über Gott und die Welt und die Zeit verging relativ schnell. Gegen späteren Nachmittag zogen dann die ersten schattenspendeten Wolken auf und die Luft kühlte sich mit dem leichten Wind angenehm ab. Ich war mittlerweile damit beschäftigt, meinen Rucksack zu entrümpeln. Zur grossen Freude meiner Zeltmitbewohner präsentierte ich ihnen ungefähr 2kg Süssigkeiten in Form von Haribos, Bonbons und Riegeln. Und der absolute Knaller war der Parmesankäse und das hauchzarte Bündnerfleisch. Meine neuen Freunde aus England und Amerika hatten vorher noch nie von dieser Spezialität gehört und schauten mich aus weit aufgerissenen Augen an, als ich das Fleisch in Form von 50g Päckchen präsentierte. „What`s that? Flunderfleisch?“ Zuerst einmal mussten sie die Aussprache richtig lernen, was zur grossen Erheiterung führte. Und erst danach durfte jeder kosten. Nach dieser Verköstigung hätten mich meine Zeltbewohner sicherlich mit ihrem Leben vor jeglichen Feinden beschützt oder auf der Stelle geheiratet! Für mich war es ein schöner Moment, mit tollen Menschen etwas zu teilen und zu sehen, wie einfach alles sein kann. Den Moment geniessen und die Freude teilen. Danke an Belinda, Roberto, Richard, Alex, Fred, Stuart, Ibrahim, Ilhan und Joel aus dem Nachbarzelt, der immer gerne mit uns Zeit verbrachte. Der Tag endete mit guten Gesprächen und in den Gesichtern aller war grosse Erleichterung abzulesen. Denn der nächste und letzte Tag sollte mit knapp 7 Kilometern eine einfache Etappe werden. Meine Nerven spielten mir in dieser letzten Nacht allerdings einen Streich. Meine Gedanken drehten sich gebetsmühlenartig um mögliche Eventualitäten, die noch eintreffen und meinen Sieg gefährden könnten. Mein Vorsprung auf die zweitplatzierte Australierin betrug mehr als 60 Minuten.  Es hätte also schon etwas wirklich Gravierendes passieren müssen. Meine Phantasie schwenkte zwischen: verschlafen; das Zelt stürzt ein und erschlägt mich; umknicken; einfach nicht ankommen; Übelkeit und Durchfall usw. In dieser Nacht machte ich kaum ein Auge zu, so aufgeregt war ich.

Samstag, 10. März 2012
Der Start zur letzten Etappe erfolgte um 10:00 Uhr. Im Zeltlager herrschte eine ausgelassene und fröhliche Stimmung. Alle waren guter Laune und als Alina die Distanz der Etappe verkündete, brachen alle in Freudentaumel aus. Ursprünglich hätten wir 14km laufen sollen; diese Distanz wurde aber aufgrund wettertechnischer Umstände auf 7km gekürzt und alle freuten sich riesig!
Die letzten Fotos wurden aufgenommen, alle umarmten sich und dann ging es auch schon zur Startlinie der letzten Etappe des Atacamacrossings 2012. Ich hatte unglaubliche Gefühle im Bauch: Aufregung, Kribbeln, Nervosität, Befangenheit. Der Startschuss erfolgte und ein irres Schauspiel ging los: Mein Zeltmitbewohner Freddy zeigte es uns allen: Er sprintete als Erster los und hielt das hohe Tempo ungefähr eine Minute rasant schnell, ehe er fix und fertig zusammenbrach. Die Show hatte er für sich gewonnen. Wahnsinn! Aber auch alle anderen waren im Lauffieber und zündeten die Turbos der letzten Energiereserven. Das Tempo war sehr schnell und bereits nach den ersten zwei Kilometern war ich so ausser Atem, dass ich glaubte, es nicht mehr bis zur Ziellinie zu schaffen. Dabei waren es nur sieben Kilometer flache Strasse! Ich riss mich zusammen und hielt mich an mein Zugpferd Joel. Ich klemmte mich dicht hinter ihn, um noch etwas vom Windschatten zu profitieren. Normalerweise hatten wir ja ein ähnliches Tempo; aber an dem heutigen Tag war alles anders. Auch Joel legte den Turbogang ein und legte ein beeindruckendes Tempo vor. Die sieben Kilometer fühlten sich wie 20 an und das Ziel wollte nicht näher kommen. Zu meinem grossen Glück blieb Joel bei mir und feuerte mich immer wieder an: „Come on, Anne-Mariiiiiiee!!!“ Ich spürte die Energie und aktivierte meine letzten Kraftreserven, um dann in einem irren Tempo auf die Zielgerade zu sprinten. Endlich waren auch die wohlbekannten Trommeln zu hören und vor uns tauchte eine Beifall-klatschende Menschenmenge auf. Zusammen mit Joel überquerte ich die Ziellinie und wir fielen uns freudestrahlend und überglücklich in die Arme.
Ich war so erleichtert, so glücklich, so überwältig von allem. Der Moment war so intensiv, ich konnte es gar nicht richtig glauben, dass ich das Rennen als erste Frau gewonnen hatte. Dass ich von Anfang bis zum Ende das gelbe Trikot verteidigt hatte und nun im Zielbereich bejubelt wurde war ein bisschen zu viel. Die Tränen liefen mir hemmungslos über das Gesicht und ich wusste überhaupt nicht wo, wie, wann, was…
Im Ziel gab es eiskalte Cola und frisch gebackene Pizza! Welch ein Luxus! Alle waren glücklich, zufrieden und strahlten über das ganze Gesicht. Ich habe nicht einen gesehen, der unzufrieden wirkte.
Nachdem der letzte Teilnehmer im Ziel angekommen war, machte auch ich mich auf den Weg ins Hotel. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schlenderte ich durch die sandigen Gassen von San Pedro de Atacama. Im Hotel sprang ich sogleich in den Pool und genoss anschliessend den Moment, mich von der Sonne wieder trocknen zu lassen und einfach nur dort zu liegen. Danach folgte eine ausgiebige Dusche mit intensiver Körperpflege. Ich war ziemlich irritiert, als ich mir mit meiner normalen Zahnbürste die Zähne putzen wollte und plötzlich einen langen Stil in der Hand hatte. (Wer sich erinnern kann: um Gewicht zu sparen hatte ich sogar den Stil der Zahnbürste abgeschnitten!). Alles fühlte sich wie ein grosser Luxus an: Badetücher, fliessendes Wasser, ausreichendes WC Papier und diese fantastische Lippenpflegebutter.
Gegen Nachmittag haben wir uns dann alle in einem Hotel am Pool getroffen und auf unsere Leistung mit einem kühlen Bier angestossen. Bis zum Abend haben wir die Zeit mit Nichtstun, essen und trinken und erzählen verbracht. Um 19:30 Uhr wurden wir vom Veranstalter zum grossen Bankettdinner geladen und wir labten uns am vorzüglichen Büfett. Die Stimmung war sehr ausgelassen und es wurde viel gelacht und Anekdoten erzählt. Bei der Siegerehrung mussten die Erstplatzierten eine Rede halten und wir bekamen einen silbernen Teller als Preis verliehen. Mein erster Satz war: „Wow, that`s like Wimbledon!“
Der Abend endete gegen Morgen und alle waren happy  und zufrieden.
Atacamacrossing 2012: Ein eindrückliches Erlebnis mit Höhen und Tiefen. Mit tollen Momenten und schönen Erinnerungen. Mit interessanten Menschen und lustigen Geschichten, die sich in meine Erinnerung gebrannt haben. Danke.
Ich freue mich auf die Wüste Gobi. Aber die erste Wüste ist und bleibt die erste Wüste!
Mein Musiktipp:
http://www.youtube.com/watch?v=o1tj2zJ2Wvg&ob=av2e 

Video vom Zieleinlauf:


Joel und ich


Die Zeltgang

2kg Süssigkeiten...

Siegesposen mit Roberto

"Its like Wimbledon!"



Samstag, 14. April 2012

Etappe 5: 73,4km, Zeit: 9 Stunden und 52 Minuten


Donnerstag, 08. April 2012: 
Was würde mich auf dieser langen Etappe erwarten. Welche Strategien würden bei Erschöpfung helfen. Lange Etappen hatte ich im Training mehrfach geübt; aber 73.4km war ich noch nie am Stück gejoggt. Bei den 24 Stunden Wanderungen, die ich mit meiner Firma hier im Engadin anbiete, laufen wir zwar auch immer zwischen 60-70km; aber innerhalb 24 Stunden. In Anbetracht dessen erschien mir aber zumindest die Anzahl der Kilometer nicht ganz unbekannt.
Die Stimmung im Zelt war ausgelassen und manch einer versuchte somit seine Nervosität zu verstecken. Nach den üblichen Morgenritualen stand ich dann um 07:50 Uhr an der Startlinie. In meinen Gedanken summte ich ein Lied der Band „Bush“, das mit den Worten: „.. Mind strong, body strong…“ anfängt. Ich würde einfach mal schauen, wie sich der Tag anfühlen würde und wollte flexibel bleiben.
Der Countdown wurde gezählt und mit einem Schwung ging es los. Ich wählte das Tempo bewusst langsamer als sonst und einige andere, die sonst immer hinter mir waren, zogen bereits auf den ersten Kilometer an mir vorbei. Um mich herum hatte sich eine Gruppe aus sehr angenehmen Personen gebildet: Joel, Massimo und MB Alex sowie Sandy. Wir liessen es auf den ersten 10km einer flachen Sandstrasse einfach rollen und unterhielten uns anregend. Ich erzählte allen die Geschichte, dass wir uns auf einer sehr langen Tageswanderung in der Engadiner Bergwelt befinden würden und dass wir einen schönen Gipfel als Ziel im Visier hatten. Für mich hatte diese Vorstellung eine unglaublich positive Auswirkung, da sie mich von der eigentlichen Länge der Strecke ablenkte. Vor meinem inneren Auge sah ich die Route auf den Piz Palü und versuchte diese meinen Mitläufern im Detail zu beschreiben. Dadurch lenkte ich mich immer wieder sehr gut ab. Nach dem ersten Trinkstopp am Checkpoint musste Alex aus unserer Gruppe ein langsameres Tempo einschlagen, da ihm sein Knie schmerzte. Auch Joel und Massimo zogen leicht vorweg, so dass Sandy und ich im Gleichschritt Kilometer gut machten. Die Route hielt wieder einige Überraschungen für uns bereit. Nachdem wir einen Fluss erfolgreich durchquert hatten, ging die Strecke auf der anderen Seite durch knöchelhohen Sand weiter. Die Füsse waren wie ein Wiener Schnitzel paniert und fühlten sich gleich zwei Kilo schwerer an. Es wäre einfach ein enormer Zeitaufwand gewesen, die Schuhe auszuziehen und vom Sand und Wasser zu befreien. Somit rannte einfach jeder mit diesen triefenden Schuhen weiter.
Es folgte eine lange Sandpassage bis zum nächsten Checkpunkt, an dem ich meine Wasservorräte auffüllte. Danach wechselte die Landschaft, die ich mit dem Titel „Niemandsland“ bezeichnen würde, in ein lebensfeindliches Terrain. Der Boden war salzverkrustet, teils hart, teils weich. Die Hitze flimmerte und war auf der Haut deutlich zu spüren. Die Mittagssonne brannte gnadenlos herab und ich kam mir vor, wie ein gestrandeter Fisch. Im Walkingschritt kämpften wir uns voran, da an ein Joggingtempo nicht mehr zu denken war. In weiter Ferne tauchte eine lange Sanddüne vor uns auf, die mit Felsen durchsetz einem Canyon glich. Wir mussten mit den Wasservorräten ziemlich haushalten, da in absehbarer Zeit kein Checkpunkt kommen würde. Eine ziemlich verzwickte Situation.  
Mittlerweile hatten wir wieder eine Gruppe von Athleten eingeholt. Ich traf Massimo wieder und mit schnellen Schritten übernahmen wir die Führung der Gruppe. Wir erzählten uns trotz aller Anstrengungen viele Geschichten und hatten ziemlich viel Spass zusammen. Nach einer gefühlten Ewigkeit zogen wir zu der Gruppe vor uns auf, die sich aus Team Germany/ Switzerland und Joel gebildet hatte. Nach einem kurzen Plausch musste ich zusehen, dass ich meinem Zugpferd Massimo auf den Hufen blieb. Vor uns lag nun diese riesige steile Sanddüne, die wir aus weiter Ferne schon betrachtet hatten. Massimo wollte unbedingt vor der Gruppe in die Düne einsteigen und eilte wie der Blitz dem Einstieg entgegen. Für mich als Bergziege sollte dieses Hindernis nicht zum grossen Problem werden und so wetteten Massimo und ich, dass wir die Strecke unter 10 Minuten schaffen würden. Das Gelände erinnerte mich an den Piz Palü. Rechts die drei Rippen und links davon die Aufstiegsspur. Ich legte eine schöne Zickzackspur in den Sand und kam nach sechs Minuten auf dem Sandplateau an. Mit gewaltigen Schritten überquerten wir dieses Hochplateau und auch hier erinnerte mich alles irgendwie an den Gipfel des Piz Palü. Die Landschaft war doch sehr beeindruckend, zumal sich am blauen Himmel sehr schöne weisse Schäfchenwolken abzeichneten, die der Situation noch mal einen anderen Reiz verliehen. Plötzlich endete der Weg vor einem steilen Abgrund und wir blieben abrupt stehen. Sollten wir dort etwa herunterspringen? Zum Glück machte ich ein weiteres pinkfarbenes Markierungsfähnchen weiter links ausfindig, welches uns den richtigen Weg zeigte. Zu meiner grossen Freude ging es dort wirklich steil bergab und in alter Gewohnheit fing ich an zu rennen. Ich fegte über den Grat nach unten, so dass die anderen nur staunten. Geradeaus vor mir lag zudem  auch noch der nächste Checkpunkt, so dass meine Motivation Flügel bekam. Gierig füllten wir die Flaschen auf und nahmen jeder noch einen langen Schluck aus der kühlen Flasche, die uns die fleissigen Voluntaris anreichten.
Die kommende Teilstrecke lag elendig flach vor uns. Die Hitze vibrierte auf dem trockenen Boden und die wenigen Wolken waren weit entfernt. Nach einer kurzen Absprache mit Massimo beschlossen wir, mit einem schnellen Walkingtempo die weite Steppe zu durchqueren, da alles andere viel zu anstrengend gewesen wäre. Mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von ca. 7- 7.5km/h sah man hinter uns nur noch eine Staubwolke. In der Ferne peilten wir immer wieder markante Punkte, die wir uns als Ziel setzen. War der Punkt erreicht, suchten wir uns Neue. Zudem hatte einer von uns beiden immer wieder etwas zu erzählen, so dass diese ausgetrocknete Landschaft schnell an uns vorüberzog. Mit lauten Anfeuerungsrufen „Forza!“, „Come on!“, „Hopp Flammi!“ machten wir uns gegenseitig Feuer unter dem Hintern und ermahnten uns, das Tempo beizubehalten. Es ist schon erstaunlich, wie man sich mit solchen „positiven“ Worten animieren und neue Kräfte wecken kann.
Durch das schnelle Walken hingen allerdings meine Arme die meiste Zeit nach unten, was zur Folge hatte, dass sich in meinen Händen Wasser und Blut staute. Ein ziemlich unangenehmes Gefühl, wenn man die Finger nicht mehr zu Fäusten ballen kann. Fortan walkte ich also mit hochgehaltenen Armen durch die Landschaft, was wohl eher an einen betenden Priester erinnerte, als an eine Extremläuferin. Es führte aber zum entsprechenden Erfolg. 
Als wir den nächsten Checkpunkt erreichten, war ich ein wenig verwirrt. Man fragte mich, ob ich heisses Wasser haben wollte. Heisses Wasser? Ich wurde doch schon äusserlich von der Sonne  gekocht. Mir wurde erklärt, dass ich mit dem Wasser mein Essen kochen könnte. Essen? Erst langsam begriff ich, dass wir uns bereits an dem Checkpunkt befanden, an dem man übernachten und richtiges Essen kochen konnte. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte mir allerdings, dass es zum Übernachten doch noch reichlich früh sei. Und Hunger hatte ich dank der guten Energieversorgung von Winforce überhaupt nicht. Ich hatte ja noch nicht mal einen Harndrang! Und das nach ca. sechs Stunden. Somit füllten wir nur kurz die Flaschen auf und machten uns auf Weg, der noch vor uns lag.
Wir hatten bereits zwei Drittel geschafft. Ich freute mich ungemein, da die Zeit wir im Flug vergangen war. Wir hatten also schon ca. 50km der langen Etappe hinter uns gebracht. Vor uns lagen nur noch 20km. Meine Beine fühlten sich erstaunlich frisch an. „Einmal bis nach Sils und wieder zurück“ blitzen die Worte und Bilder in meinem Hirn auf. Das schaffen wir locker. Mittlerweile waren Massimo und ich völlig allein auf der nächsten Teiletappe. Wir hatten alle abgehängt oder überholt und trabten in unserem gewaltigen Tempo den Kilometern davon. Der Weg führte uns zuerst 5km lang über eine extrem unebene Schotterstrasse. Am Ende mussten wir rechts abbiegen und vor uns lag eine ebensolche Strasse, die im Nirgendwo zu enden schien. Ich kannte solche Bilder nur aus amerikanischen Filmen. Man konnte selbst am Horizont nichts erkennen. Nur die kleinen Markierungsfähnchen am Strassenrand verrieten uns, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Mit italienischen Liedern („O sole mio“ und „Felicitas“) hielten wir uns bei Laune, gefolgt von lauten Ausrufen „Loooos geht’s!“, „Dai Dai Dai“!; wir waren ja mutterseelenallein auf dieser Strasse, so dass wir aus voller Kehle unseren ganzen Frust rausbrüllen konnten. Und es tat so gut!
Das Tempo im Walkingschritt hielten wir bei schnellen 7km/h; allerdings hatte das Walken zur Folge, dass ich meinen Fuss ziemlich stark über die Ferse abrollte, womit sich an beiden Fersen fiese Blasen bildeten. Und diese Blasen platzen irgendwann auf. Diese Schmerzen trieben mir nicht nur die Tränen in die Augen, sondern liessen mich ein lautes „Halleluja“ kreischen. „Massimooooo, der schlimmste aller Fälle ist eingetreten: die Blasen sind aufgeplatzt!“, stotterte ich nur noch vor mich hin. „Du schaffst das schon!“, kam als eindeutige Ansage. Und ich schaffte es tatsächlich. Der Schmerz brauchte ca. 1km, bis er verschwunden war. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass es sich um Blutblasen handelte und mein ganzer Schuh unter Blut stand. Aber an diese Vorstellung durfte ich nicht meine Energie verschwenden; diese brauchte ich noch für den uns bevorstehenden Bergpass, der sich nach dem letzten Checkpunkt vor uns auftürmte.
Auf einer steilen Passstrasse spielten meine Gedanken mir dann einen Streich: Wir wanderten über Salzkristalle, die wie Eis aussahen. Für kurze Zeit war ich mit meinen Gedanken auf einem Trainingslauf im Val Fex verschwunden, ehe mich die Wirklichkeit zurückholte. Auf dem Pass bot sich uns ein fantastisches Naturschauspiel. Zu beiden Seiten ragten hohe Salztürme hervor, die teilweise wie Altare aussahen. Die Strecke zog sich leicht steigend aufwärts; für mich ein Grund der Freude: Denn wenn es bergauf geht, ändert sich das Gefälle auch irgendwann wieder gen abwärts. Und so war es dann auch: Ich begann einfach zu rennen und jubelte mit lauten Rufen des Glücks Massimo entgegen: „Ich muss einfach rennen, das ist zu schön!“ Massimo hatte an der Stelle leider ziemlich zu kämpfen, wie ich später erfahren hatte, gab sich aber grösste Mühe, mein Glück zu teilen. Ich fühlte mich mental und physisch frisch. Es war unglaublich. Ich hatte das Ziel immer klar im Kopf. Ich verschwendete keinen einzigen Gedanken an eine Pause oder fragte nach dem Sinn. Ich war absolut klar im Kopf und eins mit meiner Idee, diese Etappe erfolgreich zu beenden. Ein erstaunliches Gefühl, was im Nachhinein sehr befreiend wirkte.
Nachdem wir etliche Kurven passiert hatten und auf meiner Uhr schon mehr als 73,4km angezeigt wurden, verliess mich zum ersten Mal ein wenig die Kraft, da das Camp nicht zu sehen war. Nach einer weiteren Kurve lag vor uns eine lange Strasse. In weiter Ferne konnten wir so etwas wie ein Camp erkennen. Ich versuchte alles Positive in mir zu aktivieren, dass wir es auch noch bis zum Ende dieser Strasse schaffen würden; jedoch zweifelte ich, dass es sich wirklich um das ersehnte Zeltlager handelte. In Gedanken versunken drehte ich plötzlich den Kopf nach rechts traute meinen Augen nicht: Hinter einem Hügel sah ich die Dächer der portable WC-Boxen, die immer im Camp aufgestellt werden! Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so sehr über den Anblick von ToiTois gefreut! Ich brüllte Massimo in Staccatosätzen regelrecht an: „Masssssssimoooo, rechts! Die Toiletten! Das Camp! Es ist direkt hinter diesem Hügel!“ Das letzte verfügbare Adrenalin schoss in unsere Körper und die letzten Kraftreserven wurden angezapft. Mit einem hysterischen Lachanfall überquerten wir Hand in Hand nach 9 Stunden und 52 Minuten die Ziellinie. Die Gefühle waren unbeschreiblich und überwältigend. Wir hatten es zusammen geschafft. Wir hatten uns beiden gegenseitig so viel geholfen und uns immer wieder motiviert. Dafür bin ich sehr dankbar.
Die folgenden Stunden gestalteten sich in etwa so: Im Zelt (ich war wieder die Erste…) das Equipment verstaut. Einen doppelten Proteinshake, gemixt mit einer Handvoll Elektrolyte und einer weiteren Flasche Kohlenhydratgetränk fertig gemacht. I-pod mit „Death Cab For Cutie“ angeschaltet und einfach über den Zeltplatz spaziert, um die Beine zu lockern. Meinen Gefühlszustand könnte ich in etwa so beschreiben: Dauergrinsen mit Tränen. Ich war unglaublich stolz auf meine Leistung. Die Beine schmerzten nach dieser langen Distanz im Oberschenkel und in den Hüften; beim weiteren körperlichen Check verspürte ich in den restlichen Gelenken oder Muskeln jedoch keinen Schmerz. Und die Tatsache, dass ich meinen Vorsprung der Erstplatzierten um weitere 20 Minuten ausbauen konnte motivierte mich absolut…
Rückblickend kann ich sagen, dass ich immer mein Tempo gehalten habe. Ich hätte auch schneller laufen können, aber ich versicherte mich mit meinem Wohlfühltempo, in dem die Fettverbrennung optimal funktioniert. Ich hatte nie auch nur das Gefühl einer Unterzuckerung, eines Krampfes oder den Gedanken der Aufgabe im Kopf. Das Ziel hatte ich immer klar voraus und motivierte mich mit Sätzen wie: „Ich habe schon 25km, ich habe schon 46 km, ich habe schon…“ oder mit „Ich habe das geübt, ich kann das!“ Sicherlich haben mir auch meine Erfahrungen, die ich bei den 24 Stunden Wanderungen gesammelt habe, geholfen. Tiefpunkte werden einfach mit der Tatsache überwunden, dass es immer vorwärts geht. Wer zurückschaut, der leitet die Energie in die falsche Richtung. Vorne liegen das Ziel und die Zukunft, die keiner kennt und nur erahnen kann, was sie möglicherweise bringt. Aber diese Gedanken beflügeln mehr, als mit den Gedanken in der Vergangenheit zu hängen. Eine tolle Erfahrung für mich selbst.

Im weiteren Abendverlauf trudelten nach und nach auch Roberto, Alex, Joel, Team Germany/Switzerland, Stuart und Fred ein und jeder hatte seine eigene persönliche Geschichte dieser langen Etappe zu erzählen. Wir machten es uns vor unserem Zelt gemütlich und lauschten den Abenteuern bis die Sonne unterging. Das Wetter zeigte sich an diesem Abend auch von einer spektakulären Seite. Der Himmel verfärbte sich auf der einen Seite in ein bedrohliches Schwarz und auf der anderen Seite zeichneten sich zwischen blauer Farbe und weissen Wolken die entfernten Vulkane ab. Leider zogen die schwarzen Gewitterwolken genau über unser Camp. Obwohl uns die einheimischen Chilen versicherten, dass es an diesem Ort niemals regnen würde,  traute ich der Situation nicht ganz. Und als dann ein heftiger Wind aufzog, so dass die Zeltstangen mit grossen Steinen fixiert werden mussten, verkroch ich mich doch lieber in meinen Schlafsack und liess das Gewitter mit Sturm und Regen über uns hinweg fegen. Es war aber eher ungemütlich und unruhig und mein Herzkreislaufsystem war mit der Regeneration derart beschäftigt, dass ich es nicht wusste, wie ich mich legen sollte. Die Hüften und die Beine schmerzten doch heftig und es war unmöglich, eine bequeme Position zu finden. Nachdem der Regen aufhörte, stieg ich nochmals aus meinem Zelt und spazierte etwas über den Platz. Dort traf ich zu meiner grossen Verwunderung einige meiner Zeltmitbewohner und Nachbarn; war ich also nicht die Einzige, die keinen Schlaf fand. Die Nacht verlief dann aber doch recht gut und ich versank später in einen tiefen erholsamen Schlaf.  
















Sonntag, 8. April 2012

Atacama Crossing Etappe 4, 40km (5h06min)

Meine innere Uhr weckte mich auch an diesem Morgen der vierten Etappe pünktlich um 06:00 Uhr. Es ist schon interessant, wie der Organismus sich in kürzester Zeit einstimmt und im Vorfeld ungewohnte Abläufe plötzlich harmonisch ineinander übergleiten. Die Rituale waren klar einstudiert. Nach der kurzen Morgentoilette (an jedem Etappenort waren sechs ToiTois aufgebaut) kroch ich zurück ins Zelt, um mir mein Müsli zuzubereiten. Um Gewicht zu sparen hatte ich auf einen Teller oder weiteres Geschirr verzichtet. Somit bastelte ich mir jeden Morgen aus einer Plastikflasche eine praktische Müslischale, indem der Hals der Flasche mit einem Messer abgeschnitten wurde. Der Flaschenboden wurde somit zum Müslitopf umfunktioniert.  Während insbesondere meine britischen Zeltfreunde mit heissem Porige zu kämpfen hatten, genoss ich ein 1A schweizer Früchtemüsli, welches ich mit diversen Geheimwaffen zusätzlich aufgemotzt hatte. Dazu schlürfte ich gemütlich einen Kaffee aus Instantpulver. Nachdem der Magen versorgt war, widmete ich mich immer ausführlich meinen Füssen. Die Blasen vom Vortrag wurden genauestens inspiziert und überprüft und notfalls noch einmal mit einem Pflaster versorgt. Hierbei unterstütze mich oftmals mein Zeltmitbewohner (ZMB) Richard. Diese Prozedur begann allerdings meistens schon am Vortrag, indem die Blase aufgestochen (nicht schmerzhaft) und anschliessend mit Jod beträufelt wurde (sehr schmerzhaft). Dieses Jod hat sich so richtig schön in die Haut gefressen und dort jegliches Bakterium abgetötet. Leider hat es auch meine Schmerzgrenze empfindlich überschritten, so dass ich jedesmal schon vor der Operation anfing zu heulen! Von wegen „Indianer kennen keinen Schmerz“!  
Anschliessend wurden die Füsse und der untere Rücken mit einem feinen Kräuterbalsam von Soglio eingerieben. Eine Stunde der morgendlichen Rituale war damit schon mal rum. Im weiteren Verlauf wechselte ich die Freizeitkleidung (Hose und Shirt) gegen die Laufbekleidung (Hose und Shirt) und füllte meine Wassertanks mit Winforce Carbo Plus Pulver. Weitere Details im Schnelldurchlauf: Schlafsack einpacken, Isomatte einrollen, Klamotten im Rucksack verstauen. Raus aus dem Zelt und nochmals zum WC. Aus dem Megaphon ertönte schon die Stimme von Alistor „Morning briefing in 5minutes, it`s a beautiful day, blabla…“. Zähne putzen, Sonnencreme im Gesicht verteilen, Schuhe vom Sand befreien, letzter Blick ins Zelt. 07:50 Uhr Rucksack schultern und los ging es. An der Startlinie wurde wie immer von 10 auf 0 herunter gezählt und mein Grinsen flog wie automatisch in mein Gesicht.  
Die Etappe des vierten Tags war anfänglich genau nach meinem Geschmack: Das Gelände zog sich leicht steigend über grosse und kleine Steinplatten, die man mit flinken Füssen und guter Koordination bestens meistern konnte. Auf dem Mond muss es ähnlich aussehen, dachte ich. So karg und unbewohnt. Im schnellen Walkingschritt machte ich schnell Strecke gut und rannte wie gewohnt im vorderen Feld mit. Irgendwie hatte ich immer ein paar „Hasen“ um mich herum, die das Tempo machten und an deren Fersen ich mich klebte. Meine „Hasen“ bei den ersten 10km waren Frank, Michael und Marco vom Team Germany/ Switzerland. Die drei erprobten Ultraläufer machten in ihrem grünen Einheitslook einen entspannten Eindruck und wirkten auf mich als ein sehr eingespieltes Team. Zog einer von den Dreien davon, rief er wenig später die Namen der anderen auf, um sich zu vergewissern, dass sie ihm im Tempo folgten. Da ich mich zwischen die drei gemogelt hatte, rief ich einfach auch meinen Namen, als ich an der Reihe war. Zudem waren sie auch noch sehr hilfsbereit, als mir schlagartig einfiel, dass ich vergessen hatte meine Elektrolyttabletten aus dem Hauptfach des Rucksacks griffbereit in die Brusttasche zu packen. Im Laufschritt kramte Michael dann in den Tiefen meines Rucksacks, so dass ich nicht anhalten musste. Das nenn ich Teamwork! Vielen Dank!
Nachdem wir dann zusammen den ersten Checkpunkt passiert hatten, breitete sich vor uns eine unendlich weite und flache Sandlandschaft aus, auf der wir 10km laufen sollten. Panik stieg in mir auf. Ich brauchte meine Geheimwaffe: Punkmusik! Hektisch stopfte ich die Stöpsel in die Ohren und startete den i-pod mit 380 Liedern von NOFX. Als mir Fat Mike dann in die Ohren brüllte, fühlte ich mich schnell wohler. Zudem zog ein neuer „Hase“ mit starken Beinen zu mir vor. Joel aus den USA erwies sich für mich als hervorragender Tempomacher, da wir beide ziemlich genau den gleichen Laufrhythmus hatten. Somit peitschen wir uns gegenseitig über die staubtrockene Sandstrasse, die niemals enden wollte. Joel hatte dann noch das Pech mit dem Fuss in einen ziemlich grossen Stachel zu treten, der sich durch die Sohle bis zum Socken durchbohrte. Somit brauchte er am nächsten Checkpunkt etwas mehr Zeit, so dass ich alleine weiterlief. Zum ersten Mal nach langer Zeit war ich wieder auf mich allein gestellt. Kein Hase begleitete mich und auch in der Ferne sah ich nur vereinzelt Läufer. Ich genoss diesen kurzen Zustand der „Stille“ und konnte mich ganz auf mich konzentrieren. Zum Glück wechselte dann das Terrain von flacher Sandstrasse auf krustigen Salzboden. Hier konnte ich meine guten koordinativen Fähigkeiten voll ausspielen und sprang wie ein Gemsli über den stacheligen Boden und arbeitete mir den Weg durch diese krasse Krustenlandschaft. Ich hatte richtig viel Spass! Nach und nach wurde der Boden aber immer gröber, so dass ich mir wie in einer Tropfsteinhöhle mit Stalagmiten vorkam. Ich musste ins Walkingtempo wechseln, was aber nicht bedeutete, dass ich langsamer wurde. Im Gegenteil: ich schnallte meine gewohnten „Siebenmeilenstiefel“ an und pflügte durch die Salztürme, dass es nur so klirrte. Rings um mich herum war nur flacher Boden, auf dem die Hitze vibrierte. Das war also die trockenste Wüste der Welt! Und ich mitten drin ganz allein! Ich zog mein Tempo etwas an und schon bald hatte ich die kleine Gruppe aus Läufern vor mir eingeholt. Zu meiner grossen Überraschung waren es Daniel und Mark aus Zimbabwe, mit denen ich ja schon am Vortag viel Spass hatte. Mark, „the Horse“ begrüsste mich mit einem Wiehern (eine Macke von ihm) und ich wieherte natürlich aus voller Kehle zurück (auch eine Macke von mir). Somit walkten wir fortan gemeinsam durch das Feld, was sich mittlerweile in braunen, teils matschigen, teils extrem trockenen Boden geändert hatte. Es erinnerte mich stark an Schokoladenkuchen und so erzählte ich Mark pausenlos etwas von Torten und Kuchen bis wir zum letzten Checkpunkt kamen. Es war heiss, alles klebte. Schnell die Flaschen aufgefüllt und dann auf die letzten 5km über eine flache Sandstrasse. Mark zog mich in einem sehr hohen Tempo über diese elendig flache und langweilige Strasse, so dass ich zum ersten Mal schneller als erlaubt rannte. Der Zieleinlauf war nach dieser strapaziösen Etappe mehr als verdient. Und hätte ich auch nur in entferntester Art und Weise geahnt, was mich im Camp Nr. 4 erwarten würde, stünde hinter meiner Etappenzeit eine neue Bestmarke. Unsere Zelte waren zwischen zwei grossen Tümpeln aufgebaut, in denen eiskaltes Badewasser auf uns wartete. Mit einem lauten „Juchaijippppiiiii“ sprang ich kopfüber in das kühle Nass und war ausser mir vor Freude! Ein unbeschreibliches Glücksgefühl überkam mich.
Da die Sonne auch an diesem Tag ziemlich brannte, war ich in Sekundenschnelle wieder trocken und widmete mich meiner intensiven Regeneration. Musik hören, schlafen, erzählen, zuhören, etwas essen. Doch dieser heisse Tag machte meinem Kreislauf enorm zu schaffen. Da auch kein Luftzug durch das Camp wehte, stand die Hitze wie in einer finnischen Sauna. Mein Organismus fuhr auf absoluter Sparflamme, was zur Folge hatte, dass ich mich sehr unwohl in meiner Haut fühlte. Ich erlebte mich plötzlich ziemlich schwach und ausgepowert und machte mir Vorwürfe, dass ich die Etappe zu schnell und zu hart gelaufen sei. Ich vegetierte auf meiner Isomatte nur so vor mich hin. Roberto rief dann die Lebensgeister in mir wieder wach, als er auf die Idee kam, eine Bouillon zu trinken. Mit dieser heissen, salzhaltigen Suppe kam Löffel um Löffel der Kreislauf wieder in Schwung und schlagartig veränderten sich auch meine Gedanken. Der Schwächeanfall wich der Nervosität vor der nächsten Etappe: 73,4km. Long March.  In weiter Vergangenheit hatte ich für diese Etappe mal mit 17 Stunden kalkuliert und war mir selbst dann noch nicht sicher, ob ich es in der Zeit schaffen würde. Ich hatte für die bevorstehende Distanz keinerlei Plan oder Vorstellung. Nur das Ziel sah ich immer klar vor Augen. In Gesprächen mit Roberto, Massimo oder auch mit Joel spürte ich eine einzigartige positive Energie, die mir innerlich sehr viel Kraft gab. Ich hatte zwar immer noch keine Strategie, aber ich spürte innerlich, dass ich es schon irgendwie bewältigen würde. „Sei flexibel und achte auf deinen Körper“, das waren meine Worte; so wie ich sie mir schon oft bei meinen Trainingsläufen vorgesagt hatte. „Ich kann das, weil ich es geübt habe“, wurde zu meinem Leitsatz für die lange Etappe. Ich packte am Vorabend bereits meinen Rucksack, so dass ich meine Energie- und Elektrolytration parat hatte. Mit einem guten Gefühl rollte ich mich dann auch schon bald in meinen Schlafsack. Ich war echt erstaunt, dass ich meine Beine nach vier Etappen (ca. 160km) noch immer so frisch anfühlten. Echt bemerkenswert.  
Mein Musiktipp: NoFx "The separation of church and skate"