Sonntag, 1. September 2013

Von Geröllfeldern und 24 Stunden Wanderungen

In den letzten 2 Wochen musste mein Trainingsplan etwas pausieren, da wieder mal zwei "24 Stunden Wanderungen" auf dem Programm standen. Die erste Tour hat am 24. August stattgefunden und trägt den Titel "Regen, alle lieben Regen". Wir hatten aber doch Glück im Unglück, da sich die Sonne wider Erwarten 12 Stunden zeigte. Morgens Früh um 07:00 Uhr schlug für 12 Wandersfreunde die Stunde der Wahrheit. Sollten sie es schaffen, einen Tag und eine Nacht zu wandern? Wir erwanderten uns die ersten Stunden im Val di Camp bei Poschiavo und gingen zügigen Tempos weiter bis auf den Bernina Pass. Und dort traf uns dann die Kaltfront mit allen Waffen: Regen, Sturm und im weiteren Verlauf Starkregen. Somit konnte die Kleidung endlich mal auf Wasserdichtheit getestet werden. Auf dem Weg zum Morteratsch und weiter bis nach Pontresina war jeder mit sich selbst beschäftigt. Auch ich hatte einiges mit meiner Ausrüstung zu kämpfen, da ich viel ausprobierte. Jetzt weiss ich, dass mir kalte und nasse Füsse nichts ausmachen, aber nasse und kalte Hände meine Laune auf den Gefrierpunkt bringt. Die Regenfront bescherte uns im Morgengrauen auch noch Schneeregen und wir sahen zu, dass wir auf direktem Weg nach Silvaplana kamen. 75km, 2500hm Aufstieg.
Am letzten Donnerstag realisierte ich dann mal wieder ein Projekt, welches ich seit mehreren Jahren in Angriff nehmen wollte. Im Skigebiet Corvatsch gibt es an der North Face einen Geröllhaufen, der von weitem aussieht wie eine Hand mit ausgestreckten Fingern. Immer wenn ich im Winter im Lift sitze, suche ich die "Best Line", um im Sommer dann endlich dort hinauf zu kraxeln.
Mein Weg führte mich also über den Hahnensee bis zur Mittelstation. Dort hätte ich am liebsten schon wieder Kehrt gemacht, da meine Beine überhaupt nicht fit waren. Jeder noch so kurze Anstieg schmerzte in den Beinen und ich hatte das Gefühl, zu wenig Sauerstoff transportieren zu können. Ich fluchte und war deprimiert. Doch dann akzeptierte ich diesen Zustand einfach und sagte mir immer wieder: "Es ist, wie es ist!" Und dieser kleine Trick zeigte Wirkung. Ich nahm "Die Hand" in Angriff. Über ein endloses Geröllfeld suchte ich mir einen Weg im Zickzack steil bergauf. Meine Schuhe hatten einen guten Grip und ich fühlte die Aufregung des Neuen in mir. Trotzdem blieb ich immer wieder stehen und hinterfragte das Projekt. Meine grösste Sorge war ein Steinschlag. Ich lief weiter, immer weiter, teilweise auf allen Vieren. Ich fühlte mich wie Spiderman. Immer wieder schaute ich nach unten und überprüfte, ob ich mir den Rückweg auch zutraute. Einmal oben angekommen waren alle Zweifel weg! Es war ein erhabenes und zugleich dankbares Gefühl, es geschafft zu haben. Nach kurzer Verweildauer machte ich mich an den Abstieg. Ich rutschte auf allen Vieren, kraxelte über grosse Steinplatten und glitt auf Altschneefeldern elegant  und rasant nach unten. Mit ein paar Kratzern und Schrammen an den Beinen und einem glücklichen Gefühl im Bauch gönnte ich mir im Anschluss einen Kuchen und Cappucchino!

Am 31. August stand dann die zweite "24 Stunden Wanderung" auf dem Programm. Das Wetter war dieses Mal auf unserer Seite. Morgens Früh am Ofenpass schien uns die Sonne ins Gesicht und verzauberte die Landschaft in ein sensationelles Licht. Die Farben der Wiesen und des Sees waren so klar, dass wir ständig anhielten um Fotos zu machen. Die Tour ging weiter über Livigno bis zum Chachauna Pass. Oben wehte ein kräftiger Wind- zum Glück hatten wir alle unsere Daunenjacken dabei. Der Abstieg fürhte über eine "Never-ending-Forststrasse", die mir einige Krisen bescherte. Dank mentaler Techniken konnte ich diese aber direkt im Kern ersticken! Nach 75km und 2200hm im Aufstieg gönnten wir uns ein opulentes Frühstück!

Mein Musiktipp: Velojet "Angeldust"
http://www.youtube.com/watch?v=67KTLV0OpjI





"Die Hand"- rechts im Bild

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